28. Dezember 1923

Standkonzert an Heiligabend 1923

In weihevollen, getragenen Tönen, in zarter Harmonie von Holz- und Blechbläser, erklingt der wirkungsvoll gesetzte Choral des mit feinem Klangsinn begabten Dirigenten Herrn Karl Fromberger, [...] und zum Schluss das alte überaus stimmungsvolle „Stille Nacht, hl. Nach“ v. Gruber.

Heimatnachrichten, Vilsbiburg, 28.12.1923

Zeitungsbericht

Vilsbiburg, 28. Dez. (Die Feiertage.)

Heimatnachrichten

Lang ists schon her, dass wir das Christfest nicht mehr in solch tiefwinterlicher Pracht feiern konnten, wie in diesem Jahre. Der Schneefall war sehr ergiebig, in den Morgenstunden des Weihnachtsfestes fegten unheimliche Stürme durchs Land, welche hohe Schneewaden hervorzauberten. Der Besuch der Christmette und der Festgottesdienste war trotz der verschneiten Wege auch seitens des Landvolkes ein recht zahlreicher. Mit größter Erwartung sah man in allen Kreisen Vilsbiburgs der angekündigten Standmusik der neu gegründeten Musikkapelle der Liedertafel am hl. Abend entgegen und manch Alter freute sich, dass damit wieder die früher allgemein besonders zu gewissen Zeiten (Weihnacht, Sylvester, Sonnwend) übliche Standmusik (Turmmusik) neu aufzuleben beginnt. So füllten denn trotz der späten Abendstunde und des einsetzenden Schneetreibens überaus zahlreiche Zuhörer unseren idyllischen vom matten Mondlicht durchfluteten Marktplatz und die Fensterreihen aus denen da und dort der Christbaum leuchtete, waren dicht besetzt, um den Klängen der im weiten Bogen vor dem Rathaus aufgestellten 42 Mann starken Musikkapelle zu lauschen. Da, als eben die Turmuhr die neunte Abendstunde schlug, beginnt mit echt militärischer Pünktlichkeit in präzisem Einsatz die von ihrem Leiter straff zusammengehaltene Kapelle. In weihevollen, getragenen Tönen, in zarter Harmonie von Holz- und Blechbläser, erklingt der wirkungsvoll gesetzte Choral des mit feinem Klangsinn begabten Dirigenten Herrn Karl Fromberger, darauf nicht minder feierlich, fast wie Orgelton das in schönem Ebenmaß zu Gehör gebrachte weihnachtliche Sanktissima und zum Schluss das alte überaus stimmungsvolle „Stille Nacht, hl. Nach“ v. Gruber. Reicher lauter Beifall des erstaunten Publikums setzte mit jedem Stück ein und allgemein hörte man nur Stimmen des Lobes über die guten, fast für unmöglich gehaltenen Darbietungen der innerhalb einiger Monate so weit gediehenen Musikkapelle. Unstreitbar gebührt die Ehre und der Dank dieses ersten großen Erfolges vor der Öffentlichkeit der zielbewährten, energischen Leitung des Dirigenten Herrn Fromberger, der es wie kein anderer allerdings mit größter Hingabe und idiellster Aufopferung verstanden hat, aus zum Teil musikalisch Ungebildeten innerhalb kürzester Zeit einen Blaskörper zu schaffen, der jetzt schon alle Hochachtung verdient und zu den besten Hoffnungen berechtigt.